"Mein Pferd kann nicht barhuf laufen..."

"Mein Pferd hat eine dünne Sohle/ schlechte Hornqualität/... der Schmied/Tierarzt sagt, barhuf geht bei ihm nicht."

"Wir haben schonmal versucht auf barhuf umzustellen, aber mein Pferd war so fühlig, dass wir wieder Eisen draufmachen mussten."

Solche und ähnliche Aussagen höre ich immer wieder.

 

Eigentlich kann jedes Pferd barhuf laufen, denn in seinen ersten Lebensjahren hat es das ja auch gemacht.

Was ist also in diesen Fällen schief gelaufen?

 

Warum die Umstellung auf barhuf schief laufen kann

 

 

1.  Der Huf ist durch jahrelangen (und oft mangelhaft ausgeführten) Beschlag stark geschädigt

 

"Wieso läuft das Pferd dann mit Eisen (mehr oder weniger) gut? ", werden sich jetzt vielleicht manche fragen.

Durch die Fixierung des Hufs mit dem Beschlag und den größeren Abstand der Sohle zum Boden laufen manche Pferde auch mit katastrophalen Hufen noch relativ gut. 

Das Eisen schaltet quasi das Symptom "Schmerz im kranken Huf" aus, ohne dass die Ursache (nämlich der Hufzustand) beseitigt wird.

 

Nimmt man nun das Eisen ab, dann kann sich die Hufkapsel plötzlich viel mehr bewegen als bisher, Sohle und Strahl bekommen mehr Bodenkontakt und das Pferd spürt plötzlich seine schmerzenden, krankhaften Hufe. Aua! 

 

In solchen Fällen muss die Umstellung auf barhuf sehr durchdacht ausgeführt werden. Wichtig ist, für das Pferd so viel Lauf-Komfort wie möglich zu erreichen. Dies ist beispielsweise mit gepolsterten Hufschuhen möglich, die in der ersten Zeit dauerhaft getragen werden können. Auch eine Übergangs-Phase mit einem Kunststoffbeschlag/-bekleb kann die Umstellung in solchen Fällen erleichtern.

 

2.  Der Huf wird nach der Eisenabnahme zu stark/falsch bearbeitet

 

Ein Fehler, der leider häufiger vorkommt. Gerade in den ersten Wochen nach der Eisenabnahme braucht der Huf

alles an Horn, was er zur Verfügung hat. Der Huf ist noch nicht an Abnutzung gewöhnt, da der Beschlag dies bisher verhindert hat. Das Horn, das unter dem Eisen gebildet wurde, ist daher in der Regel weicher und nutzt sich schneller ab.

Erst mit zunehmender Gewöhnung an den Abrieb wird härteres Horn gebildet.

 

Korrekturen sollten in der ersten Zeit nach der Eisenabnahme nur minimal, dafür aber in kurzen Abständen vorgenommen werden.

 

3.  Der Huf wird zu wenig/zu selten bearbeitet

 

Auch zu seltene oder nicht korrekte Bearbeitung kann zu Problemen wie Fühligkeit oder Abszessen führen. Es gilt nämlich keinesfalls immer "je mehr Horn, desto besser". Ganz im Gegenteil: auch ein "zuviel" an den falschen Stellen ist schlecht!

Zu lange Hufwände beginnen zu hebeln, zu lange Eckstreben drücken und quetschen die empfindliche Lederhaut, eine zu lange, nach vorne gezogene Zehe belastet den Beugesehnenapparat... 

Das A und O ist deshalb die korrekte, regelmäßige Bearbeitung.

 

 

 

 

Beispiel für einen Huf mit zu langer Zehe und zu flachem Hufwinkel.

Die Huf-Fessel-Achse ist deutlich nach hinten gebrochen, das Abrollen ist erschwert.


4.  Der Huf nutzt sich ohne Eisen zu schnell ab

 

Es braucht Zeit, bis ein Huf sich nach der Eisenabnahme an den Abrieb des Bodens gewöhnt hat. Eine gute Hilfe für die Übergangszeit sind Hufschuhe, die bei schweren Fällen (z.B. abriebintensiver Offenstall) auch dauerhaft getragen werden können. Gut bewährt haben sich hier z.B. die Equine Fusion Modelle oder andere Therapie-Schuhe.

 

Sollte das Pferd dennoch auch nach längerer Umstellungsphase Probleme haben, sollte man unbedingt die Fütterung überdenken und optimieren. Mangelhafte Hornqualität ist oft ein Zeichen von Nährstoffmangel (oder selten auch Nährstoff-Überschuss wie z.B. Selenose). Oft fehlt es im Grundfutter an Zink und Kupfer. Auch ausreichend Schwefel (zB. über die schwefelhaltige Aminosäure Methionin) ist für den Huf enorm wichtig. 

 

Die Haltung und Nutzung des Pferdes spielt ebenfalls eine große Rolle.

Auf welchen Untergründen lebt das Pferd, auf welchen wird es geritten? Viele Pferde leben überwiegend auf weichem Boden (Koppel, Sandpaddock...). Ihre Hufe haben dementsprechend wenig Anreize, um hartes, leistungsfähiges Hufhorn zu bilden. Das für den Weichboden gebildete Horn ist bei einem Ausritt auf hartem Boden (Schotter...) entsprechend schnell abgenutzt.

Hier muss den Hufen Gelegenheit zur Anpassung gegeben werden. Idealerweise sollten im Auslauf/Paddock etc. verschiedene Bodenbeschaffenheiten vorhanden sein, ähnlich wie die Böden, auf denen das Pferd geritten wird.

So wird der Huf optimal trainiert und bildet entsprechend hartes Horn.

(Dies gilt natürlich nicht, wenn ein krankhafter Hufzustand besteht. Kein Pferd sollte mit schmerzenden Hufen über Schotter gezwungen werden, damit es "abhärtet"!!!)

 

Eine Haltung nur auf verdichteten und damit sehr abriebintensiven Böden wie Beton oder Pflastersteine (oft in großen Pensions-Offenställen oder Aktivställen zu sehen) ist nicht gerade Barhuf-freundlich. Besonders Pferde, die keine optimale Hufsituation haben, kommen damit auf Dauer oft nicht klar. 

Bitte beachten: Veränderungen brauchen Zeit.

Dies gilt auch und ganz besonders bei der Umstellung von Beschlag auf barhuf. Es dauert in der Regel ungefähr ein Jahr, bis der Huf einmal komplett vom Kronrand nach unten durchgewachsen ist. So lange kann es dauern, bis sich positive Veränderungen der Hufqualität bemerkbar machen.